Etappe 9: Finse – Haukeliseter via Hardangervidda

7 Wandertage, 144.3 Kilometer, 3’448 Höhenmeter ↑, 3’646 Höhenmeter ↓
Gesamtstrecke:
1’124.2 Kilometer

In Geilo nutzten wir den Ruhetag, um uns mit Vorräten einzudecken und uns zu erholen. Wir schliefen aus, genossen gutes Essen und unternahmen einen Spaziergang entlang des Ustedalsfjords. Sophie konnte es sich nicht entgehen lassen, das Hotelschwimmbad und die Sauna auszuprobieren. Geilo scheint vor allem für den Wintertourismus bekannt zu sein und bietet landschaftlich nicht allzu viel Reiz. Auch unsere Unterkunft war etwas ungewöhnlich – wir hatten das Gefühl, von unserer „Mitbewohnerin“ an der Wand ständig beobachtet zu werden.

So waren wir nicht allzu traurig, als wir am nächsten Tag den Zug zurück nach Finse nahmen. Es regnete bereits, als wir in Geilo einstiegen, und je höher wir fuhren, desto schlechter wurde das Wetter. Die Entscheidung, das schlechte Wetter im Trockenen und Warmen abzuwarten, fiel schnell, und wir buchten ein Zimmer in der Finsehytta. Diese Hütte war deutlich grösser als die Geiterygghytta, in der wir ein paar Tage zuvor übernachtet hatten, aber auch weniger gemütlich. Man merkte, dass hier zur Hochsaison wohl viele Gäste untergebracht werden.

Der Blick aus dem Fenster am nächsten Morgen verhiess nichts Gutes: Ein feiner Flaum Neuschnee hatte sich über die herbstliche Landschaft gelegt. Zwar schön anzusehen, aber weniger ideal zum Wandern. Nach dem Frühstück brachen wir also gut eingepackt und motiviert auf in Richtung Krækkjahütte.

Es war eisig kalt, und die Wegmarkierungen waren unter dem Schnee nur schwer auszumachen. Unter einer dünnen Eisschicht verbarg sich der vertraute Morast, sodass unsere Füsse schnell nass und kalt wurden. Irgendwann waren Sophies Hände und Füsse so durchgefroren, dass nichts mehr half. Da für die kommenden Tage ebenfalls winterliche Temperaturen vorhergesagt waren, entschieden wir uns kurzerhand umzukehren und die Kaltfront abzuwarten.

Auf dem Rückweg nach Finse organisierten wir uns ein Zugticket und eine Unterkunft in Bergen, wo wir das Wochenende verbringen wollten. Für die Zeit danach waren wieder Temperaturen über dem Gefrierpunkt vorhergesagt.

Wir hatten Glück und erlebten in Bergen sogar einen sonnigen Tag – eine Seltenheit bei rund 250 Regentagen im Jahr.

Wie alle Einwohner:innen nutzten auch wir das schöne Wetter für einen Spaziergang durch die Stadt und auf den Hausberg Fløyen von wo aus wir eine tolle Aussicht auf Bergen geniessen konnten.

Der Regen liess jedoch nicht lange auf sich warten, und schon am nächsten Tag regnete es in Strömen. Wir nutzten das schlechte Wetter, um etwas zu lesen und Florians Rucksack zu reparieren, da die Tragriemen kurz vor dem Ausreissen waren.

Da wir die Zugstrecke nach Finse bereits kannten, entschieden wir uns, für den Rückweg mit dem Boot in den Sognefjord nach Flåm zu fahren. Von dort wollten wir mit der berühmten Flåmsbanen weiter nach Myrdal reisen, um dann wieder in den Zug nach Finse umzusteigen.

Im Nachhinein ein eher schlechter Entscheid.😅 Das scheint wohl DAS Touristen Programm zu sein für alle, die Norwegen in 48h erleben wollen. Die Leute schlugen sich auf dem Schiff teilweise fast die Köpfe ein um den besten Foto-Spot zu ergattern. Die steilen Felswände des Aurlands- und Nærøyfjords sind dennoch sehr eindrücklich.

So sah es auf dem Deck behind the scenes aus…

In Flåm, einem winzigen Dorf am Ende des Aurlandfjords, lag zudem ein riesiges britisches Kreuzfahrtschiff vor Anker.

Da wir bereits viele eindrucksvolle und schöne norwegische Landschaften gesehen hatten, beeindruckte uns die Fahrt durch das Flåmsdalen nur mässig. Am Abend erreichten wir schließlich erschöpft Finse, obwohl wir kaum einen Kilometer zu Fuss gegangen waren.

Am nächsten Morgen starteten wir unseren zweiten Versuch und brachen von der Finsehytta in Richtung Hardangervidda auf. Das Abwarten der Kaltfront war ein guter Entscheid: Die Temperaturen waren nun deutlich angenehmer, und ohne Schnee konnten wir den breit ausgetretenen Pfad gut erkennen. Die Langzeitwetterprognosen sagten ideale stabile Verhältnisse für eine Durchquerung der Hardangervidda voraus und motiviert liefen wir entlang des Hardangerjøkulen in Richtung Krækkja.

Der Weg schlängelte sich zwischen den Felsen und Seen hinauf zum Torsteinsvatnet und danach dem Jøkleelva entlang hinunter an den Finnsbergvatnet. Sophie hatte sich vergangenen Tage eine leichte Erkältung eingefangen und Florian hatte mit einer Magen-Darm Verstimmung zu kämpfen, sodass wir nicht sehr zügig voran kamen. Am Finnsbergvatnet bauten wir unser Zelt direkt am Wasser auf.

Pünktlich zum Sonnenaufgang machten wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg, der uns entlang des Drageidfjords nach Krækkja führte. Die DNT-Hütte war jedoch bereits geschlossen, und nur einige Leute waren damit beschäftigt, die Hütte wintertauglich zu machen. Wir setzten unseren Weg noch etwas fort und legten dann eine Mittagspause ein. Das Wetter war traumhaft, und wir konnten die Wärme und die Sonne richtig genießen.

Nach der Mittagspause kreuzten wir bei Halne die Hauptstraße E7 durch die Hardangervidda. Seit Krækkja war der Weg sehr angenehm zu gehen, und wir kamen gut voran. Als wir den Fluss Skulevikåna queren mussten, konnten wir uns eine kurze Abkühlung nicht entgehen lassen. Beim Weitergehen waren wir jedoch in kürzester Zeit wieder durchgeschwitzt, sodass wir am Zeltplatz noch einmal ein erfrischendes Bad benötigten.

Auch am nächsten Morgen war das Wetter wieder wolkenlos und praktisch windstill. Es stand noch ein letzter Aufstieg bevor, und schließlich erwartete uns ein atemberaubender Ausblick in die endlose Weite der Hardangervidda. Beim Blick zurück konnten wir zudem die imposante Eiskappe des Hardangerjøkulen bewundern. Wir kamen aus dem Staunen kaum heraus und hielten ständig an, um Fotos zu machen.

Hinunter ging es zur bereits geschlossenen Stigstuv-Hütte. Wir wollten vor der Hütte eine Mittagspause machen, als plötzlich eine Alarmanlage losging. Wegen früherer Einbrüche wird die Hütte offenbar mit Videokameras überwacht, und akustische Signale sollen Eindringlinge vertreiben. Über die Ebene setzten wir unseren Weg fort zum Parkplatz am Ende des Sees Tinnhølen, wo zahlreiche Autos standen und viele Leute unterwegs waren, um die letzten schönen Herbsttage zu genießen. Anschließend folgten wir einem ATV-Track auf die kleine Anhöhe Hellehalsen. Von dort hatten wir wieder einen herrlichen Ausblick in alle Richtungen und beschlossen spontan, unser Zelt hier aufzubauen. Wie staunten nicht schlecht, als uns ein Traktor mit Anhänger entgegenkam.

Der Sonnenuntergang und anschliessende Vollmondaufgang mit Ausblick in die herbstlichen Weiten der Hardangervidda waren unbeschreiblich schön.

Am nächsten Morgen wachten wir im Nebel auf. Dieser löste sich jedoch schnell auf und wir genossen ein Frühstück über dem Nebelmeer.

Am Morgen gingen wir hinunter zum Langavatnet. Zunächst führte der Weg entlang einer Traktorspur, und auch danach war der Pfad meist gut und einfach zu begehen. Über die sumpfigen Stellen waren häufig ausgelegte Planken verlegt. Auf einer kleinen Anhöhe in der Eiriksbuegga legten wir eine kurze Pause ein und genossen den Ausblick zurück in Richtung Hallingskarvet und den Hardangerjøkulen. Am Mittag erreichten wir schließlich die DNT-Hütte Sandhaug. Vor der Hütte machten wir eine Pause und trockneten unser nasses Zelt.

Der weitere Wegabschnitt in Richtung Besso war ziemlich sumpfig, aber ansonsten gut zu begehen. Nach Besso stieg der Pfad wieder an, und die Landschaft wurde nach der endlos scheinenden Ebene etwas hügeliger. Der Weg schlängelte sich zwischen zahlreichen Seen hindurch, und an einem dieser Seen fanden wir schliesslich unseren Zeltplatz für die Nacht.

Weiter ging es am nächsten Tag erst durch etwas hügliges Gelände, als wir dann aber am höchsten Punkt Dyrasanden vorbei kamen, eröffnete sich uns wieder ein ganz anderes Bild. Die Ebene Gråtfljått lag nun vor uns und dahinter waren bereits die nächsten höheren Berge zu sehen. Wir kamen aus dem Staunen fast nicht mehr heraus. Zur rechten Hand ragte stets der imposante Hårteigen aus der Ebene empor, der als Wegweiser im Westen dient.

Über die Ebene kamen wir zügig voran, und nachdem wir den letzten Anstieg am Holken überwunden hatten, tauchten bereits die Hütten von Litlos in Sicht auf. Die grosse bewartete Hütte war bereits geschlossen, und im noch offenen Teil der Hütte hielten sich mehrere Jäger und Fischer während ihrer Mittagspause auf. Wir setzten uns vor die Hütte und legten unsere Beine etwas hoch und trockneten unser nasses Zelt.

Am Nachmittag setzten wir unseren Weg entlang des Litlosvatnet und Kvennsjøen fort. Die Sonne brachte uns ganz schön ins Schwitzen, und wir mussten häufig Trinkpausen einlegen. Als wir den steilen Aufstieg am Klerkatjørn erreichten, war der Weg zum Glück teilweise im Schatten. Oben angekommen, genossen wir zunächst das Panorama, bevor es weiter über eine karge Hochebene ging.

Wir stellten unser Zelt an einem Platz mit schöner Aussicht auf und genossen dem schönen Abend.

In der Nacht und am nächsten Morgen waren die Temperaturen merklich kühler, und der Wind blies eisig. Wir packten rasch unser Zelt zusammen und machten uns auf den Weg zur DNT Hellevassbu. Nachdem wir den Sigridtjørni überquert hatten, wurde der Weg kurzzeitig felsig, aber im Buadalen ließ es sich dann wieder angenehm laufen.

An der DNT-Hütte Hellevassbu legten wir eine Pause in der Sonne ein und unterhielten uns mit der Hüttenwartin. Zu lange konnten wir keine Pause machen, da zwei Jäger ihre Beute mit dem Helikopter ausfliegen wollten.

Die Landschaften seit Beginn der Etappe waren äusserst eindrucksvoll und vor allem sehr abwechslungsreich. Jeder Tag bot ein neues Erlebnis, und oft änderte sich die Landschaft mit jedem Hügel, den wir überquerten. Auch auf dem nachfolgenden Streckenabschnitt war dies so.

Nachdem wir beim Årmoteggi ein kurzes, steiles Wegstück hinter uns gebracht hatten, bot sich uns der Blick auf eine Ebene mit vielen durch kleine Wasserfälle verbundenen Seen, hinter denen die steile Felswand der Nupsegga emporragte. Im Fluss gab es zahlreiche natürliche Swimmingpools mit herrlicher Aussicht. Da es wohl unser letzter Abend auf der Wandertour sein sollte, entschieden wir uns, hier unser Zelt aufzuschlagen. Das Wasser war jedoch eisig kalt, und auch Florian hielt es nicht lange darin aus.

Die letzten Kilometer bis zu unserem Etappenziel Haukeliseter lagen noch vor uns, und bei kühlen 5 Grad machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg. Die Strecke hatte es noch etwas in sich, mit einigen Hügeln, die wir hinauf- und hinuntersteigen mussten.

Von der Anhöhe nach dem Mannevatn hatten wir eine tolle Aussicht auf die Seenlandschaft oberhalb von Haukeliseter.

Wir waren beide stolz darauf, es bis nach Haukeliseter geschafft zu haben, aber auch traurig, dass unsere Wandertour nun vorbei war. Der letzte Abstieg zur Fjellstue erforderte noch einmal etwas Konzentration, war aber schnell bewältigt. Haukeliseter ist definitiv mehr Hotel als DNT-Hütte, und so gönnten wir uns zuerst eine dringend benötigte Dusche und etwas Kaltes zu trinken.

Der Zufall wollte es, dass Martin, der aktuell zum zweiten Mal auf Norge på langs unterwegs ist und den wir vor fast drei Monaten in Alta getroffen hatten kurz später ebenfalls in Haukeliseter eintraf (Link zu Martins spannendem Blog hier). So sassen wir bei Bier und Burger noch lange zusammen und tauschten uns über die Erlebnisse der vergangenen Monate aus.

Wir wünschen dir, Martin, auch an dieser Stelle nochmals eine ganz tolle weitere Tour bis nach Lindesnes. Es hat uns sehr gefreut, dich noch einmal zu treffen, und wir hoffen auf ein baldiges Wiedersehen in der Schweiz. God tur videre!

Für uns endet hier unsere Wandertour in Norwegen, denn für die kommenden Tage ist ein weiterer Kälteeinbruch mit Schneefall angekündigt.

Nun machen wir uns also langsam auf den Heimweg und hoffen dann in der Schweiz noch die eine oder andere schöne Herbsttour machen zu können. Jetzt geht es aber erst mit dem Bus nach Oslo, denn wir werden auf unserer Heimreise noch einige Zwischenstopps einlegen.

Karte

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